Gerhart Hauptmann Die Weber
Schauspiel aus den vierziger Jahren, Uraufführung 1892
Gerhart Hauptmann — der Dichter der Weber. Wohl selten hat ein dramatisches Werk national und international nach seiner Aufführung so viel Aufsehen erregt wie dieses Drama aus der frühen Schaffenszeit Hauptmanns. Lenins Schwester übersetzt das Weber-Drama und macht seinen Verfasser schlagartig in der revolutionären Sowjetunion bekannt. In Paris steht das Stück über ein Jahr lang täglich auf dem Spielplan. Wilhelm II kündigt seine Loge im Deutschen Theater, Berlin. Eklat und Erfolg auf einen Schlag für Gerhart Hauptmann. Geschickt hatte er ein Thema aufgegriffen, das — wie das soziale Drama überhaupt — um 1890 “in der Luft” lag.
Häufig und missverständlich wurde das Drama als ein getreues Abbild der Arbeits– und Lebensverhältnisse der schlesischen Weber um 1844 empfunden. Manche glaubten gar, dass die Verhältnisse von 1844 noch immer fortdauerten. Von den tatsächlichen Verhältnissen in der schlesischen Textilindustrie hatten aber weder die preußische Verwaltung noch die literarische Elite in Berlin eine konkrete Anschauung. Obwohl Hauptmann 1889 mit dem sozialdemokratischen Redakteur Max Baginski in die schlesischen Webereidistrikte gefahren ist (Baginski berichtete 1995 darüber), hat er die Entwicklung der ehemals schlesischen Hausweberei hin zu einer industriellen Textilproduktion mit all ihren Veränderungen nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Ihn interessierte mehr “das Elend in seiner klassischen Form”, wie er rückblickend in seiner Autobiografie feststellte. Dort meint er aber auch, dass er bei einem Spaziergang bei Zürich das Wuchten eines Webstuhls gehört habe: “Und da wußte ich, du bist berufen, Die Weber zu schreiben.” Wie es wirklich war, zeigt der nachfolgende Artikel auf.